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Sich selber erfolgreich führen.

Von Führende wird nicht nur erwartet, dass sie andere erfolgreich führen, sondern insbesondere auch sich selber. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Fähigkeit, sich ehrlich zu hinterfragen. Erfahren Sie in diesem Newsletter, wie Sie das einfach und effektiv erreichen.

Nicht selten verbinden Klienten mit «sich selber hinterfragen» eine Aufforderung, den Wert ihres Daseins und Handelns tiefgreifend und grundsätzlich zu prüfen. Das mag angebracht sein, kann jedoch keinesfalls zur täglichen Routine werden. Dafür eignen sich die folgenden drei Fragen wesentlich besser.

Was ist mir wichtig?

Diese Frage appelliert an Ihr Wertekostüm und Ihre Ansprüche. Wollen Sie integer sein? Umsichtig? Gerecht? Was es auch ist, machen Sie es sich ehrlich bewusst. Denn diese Werte dienen Ihnen zur Orientierung in unübersichtlichen oder komplexen Situationen und sie helfen Ihnen bei der Meinungsbildung und bei Entscheidungen. Wo Sie heute stehen, ist letztlich die Summe aller Ihrer Entscheidungen und Nicht-Entscheidungen. Wenn Sie also nicht sicher sind, was Ihnen wichtig ist, dann betrachten Sie Ihre Vergangenheit und stellen sich zwei einfache Fragen: a) Wer bin ich? Und b) Weshalb bin ich hier? Dank der ersten Frage erkennen Sie, wer sie heute sind, was Sie ausmacht oder auszeichnet. Und die zweite Frage lenkt sie auf Ihre Entscheidungen und damit auf Ihre Motive, die wiederum auf Werte weisen. Letztlich gibt es keine Vorgabe, was Ihnen wichtig zu sein habe. Doch erwarten Unternehmen von Ihnen ein Verhalten, das Ihrer Rolle, Funktion oder Verantwortlichkeit entspricht. Je mehr dieses Ihre eigenen Werten repräsentiert, desto einfacher handeln Sie. Wenn nicht, werden Sie sich täglich verbiegen, was Sie erwiesenermassen unglücklich oder gar krank machen wird. Wenn Sie in Ihrer Arbeit also nicht ausreichend finden, was Ihnen selber wichtig ist, stiftet Ihnen diese Arbeit nur wenig Sinn, was sich schliesslich auf Ihre Motivation, Kreativität und Freude niederschlägt. Wenn Ihnen die zwei Fragen oben zu aufwändig erscheinen, machen Sie einen Schnelltest: Schauen Sie jeweils abends beim Zähneputzen in den Spiegel: Können Sie zu sich, Ihren Entscheidungen, Ihrem Verhalten stehen? Wenn nein, dann tun sie vermutlich gerade nicht, was Ihnen eigentlich wichtig wäre. Und damit beeinflussen Sie das Umfeld der Mitarbeitenden auf eine Art und Weise, die Ihnen eigentlich nicht entspricht. Sie verbiegen sich. Sorgen Sie dafür, dass diese Situation eine Ausnahme bleibt.

Was sollte ich lernen?

Erfolgreiche Führende scheuen sich nicht davor, Neues pro-aktiv zu lernen. Sie wissen, dass Sie viele Dinge nicht verstehen und möchten sich beziehungsweise ihre Entscheidungen verbessern. Dabei folgen sie Tipps nicht blind, sondern betrachten Neues durchaus kritisch. Besonders interessiert sie, ob und wie sich das Neue auf ihre bisherigen Annahmen (und künftigen Entscheidungen) auswirkt. Deswegen wollen sie verstehen, wie andere «die Welt sehen» und welche Annahmen sie treffen – kurz: Sie stellen sich bewusst in die Schuhe anderer, um neue Blickwinkel zu gewinnen, neue Zusammenhänge zu erkennen, Neues zu lernen. Erstens, um eigene Einschränkungen aufgrund ihrer bisherigen Annahmen zu überwinden. Zweitens, um zu verstehen, ob allenfalls sie selber der Grund dafür sind, dass andere einschränkende Annahmen treffen (müssen). Gerade diese letzte Perspektive zähle ich zum Systemlernen, also der Auseinandersetzung mit Beziehungen und Dynamiken in einem System. Denn darin sind wir immer sowohl beeinflussende als auch beeinflusste Elemente. In Ihrer Rolle als Führende sind sie vermutlich eher ersteres – und sollten gerade deswegen stets offenbleiben, um ihre (verborgene, unbewusste oder gar ungewollte) Wirkung zu identifizieren. Eine hilfreiche Disziplin dafür ist das Zuhöhren, um zu lernen, statt zu korrigieren oder zu gewinnen (siehe Newsletter Nr. 3; Januar 2021). Wenn Sie gerade keine Hinweise finden, was Sie aktuell lernen sollten, dann geben Sie bei YouTube (oder anderen Plattformen) einfach ein Suchwort ein, dass Ihren Alltag heute dominiert und überfliegen Sie dann die Ergebnisliste. Ich bin sicher, dass Sie fündig werden.

Welchen Beitrag kann ich jetzt leisten?

Fokussieren Sie auf das, was sie tatsächlich und unmittelbar beitragen, beeinflussen oder entscheiden können – ob das nun eine eher operative Massnahme ist, die innert Wochenfrist umgesetzt wird oder eine strategische Initiative, welche sich über die nächsten 12 Monate erstrecken wird. Erfolgreiche Führende verfolgen ihren Beitrag unabhängig davon, wie aufwändig, komplex, unsicher oder schmerzhaft er auch erscheint – einfach, weil es richtig ist. Dabei orientieren sie sich nicht etwa an egoistischen Motiven (wie kann ich diese Situation zu meinem Vorteil nützen?) sondern eher an altruistischen (was ist das Beste, was ich in meiner Rolle und Funktion für die Organisation leisten kann?). Gerade die Antworten auf die Frage zuvor («Was sollte ich lernen?») liefert hierzu hilfreiche Hinweise.

Selbstverständlich leisten sie ihren Beitrag nicht ausschliesslich persönlich bzw. direkt, sondern schaffen in der Regel Bedingungen und Mittel, die für diesen Beitrag notwendig sind. Meistens sind diese dann andernorts einzusparen, was vermutlich nicht allen passt und zu Widerstand führen kann. Umso wichtiger ist es, dass sie eben genau verstehen, weshalb bzw. wozu sie ihren Beitrag leisten, welche offenen Potenziale sie damit realisieren wollen, welcher Mehrwert dadurch entsteht und weshalb dieser Beitrag gerade jetzt bedeutend ist.

Wenn Ihnen unklar ist, welchen Beitrag Sie eigentlich leisten, dann führen Sie folgendes Gedankenexperiment durch: «Was wäre im Unternehmen, in einer bestimmten Organisationseinheit oder in einem Projekt nicht mehr möglich, wenn es Sie in ihrer Rolle, Funktion und Verantwortung nicht mehr gäbe?» Begnügen Sie sich nicht mit der einfachen Antwort, dass letztlich jede und jeder ersetzbar sei, sondern graben Sie tiefer: Welche wichtigen und konkreten Beiträge würden tatsächlich wegfallen? Finden Sie keine Antwort oder besteht kaum eine Verbindung zu Ihrer Antwort auf die erste Frage («Was ist mir wichtig?»), dann sollten Sie eine persönliche Standortbestimmung vornehmen.

Fazit: Mit drei Fragen können Sie sich im Führungsalltag wirksam hinterfragen: Wenn Sie wissen, was Ihnen wichtig ist, was Sie lernen sollten und auf welchen Beitrag Sie sich konzentrieren, steuern Sie Ihre Handlungen bewusst – nehmen Ihre gestaltende Verantwortlichkeit als Führende wahr.

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